Quelle: inSüdthürgen.de Autor & Bilder: Roland Wozniak
Bild 1: Rainer Martin in seinem Teddybärenmuseum. Im Schaufenster steht der größte Plüschbär der Welt, der es sogar ins Guinness Buch der Rekorde schaffte.
Bild 2: Gerhard Heublein stopft die Teddys per Hand, wie in alten Zeiten.
Sonneberg – 1903 war das Geburtsjahr des Teddybären. Geburtsorte hat er gleich zwei: einen in Amerika und einen in Deutschland.
Für Präsident Theodor Roosevelt wurde im November 1902 eine Bärenjagd veranstaltet. Das Jagdglück war ihm aber nicht hold. Eifrige Treiber banden einen jungen Bären mit einem Strick an einem Baum fest. Der Präsident weigerte sich auf den wehrlosen Bären zu schießen. Am 16. November 1902 erschien eine Karikatur, gezeichnet von Clifford Berryman in der Washington Post. Inspiriert durch die Zeichnung fertigte Rose Michtom aus Brooklyn einen kleinen Stoffbären, den sie neben die Zeichnung in ihr Schaufenster setzte, Ihr Ehemann Morris bat die Roosevelts den Bären in Anlehnung an den Kosenamen des Präsidenten „Teddys Bären“ nennen zu dürfen.
Tausende Kilometer entfernt zur selben Zeit in Deutschland präsentiert Richard Steiff auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1903 einen Stoffbären mit beweglichen Armen und Beinen. Vorgestellt unter dem Namen „Petz“ findet der Bär kaum Beachtung. Am letzten Messetag ordert ein amerikanischer Besucher 3 000 der 55 Zentimeter großen Plüschbären.
Vom Erfolg des Teddybären profitierten auch die Sonneberger. Die Vorraussetzungen im thüringisch-fränkischen Raum waren günstig, war man doch im Modellieren von Tierfiguren ebenso erfahren wie im Nähen und Stopfen von Puppenkörpern. Die Nachfrage nach Stofftieren stieg. In den folgenden Jahren wurde aus dem König der Wälder der König der Spielzimmer.
In der Serie „Spielzeugmacher“, stellt Freies Wort Betriebe vor, welche die alten Traditionen in unsere Tage hinübertragen. Einer dieser Betriebe ist „Teddy Martin“ in Sonneberg: Das Familienunternehmen fertigt noch heute Teddybären wie in alten Zeiten.
Rainer Martin führt den Betrieb in vierter Generation. Sein Urgroßvater Albin Martin gründete die Firma 1924. Reges Treiben herrschte in den Werkstatt in Oberlind. Auf alten Fotos ist auch Rainer Martins Großvater Christian zu sehen. Den Neubeginn nach der Wende sollte er nicht mehr erleben, „Weihnachten 1989 starb mein Großvater“, erzählt Rainer Martin. Er selbst saß zwar schon als Kind mit seinem Bruder Ralf in der Werkstatt und spielte mit Holzwolle und Teddybären, aber beruflicher ging er erst einmal andere Wege: Er absolvierte eine Lehre und studierte Maschinenbau.
Mit der Wende kam dieChance zum Neubeginn. Rainer stieg in das Familienunternehmen ein. Mit Mutter Trude als Seniorchefin und Vater Horst machte Rainer dem Namen Martin wieder international bekannt. Teddybären und Sammlerpuppen werden wie in alten Zeiten hergestellt und nur in limitierter Auflage gefertigt. Dabei wird in den Werkstätten auf liebevolle Handarbeit und hochwertige Materialien, wie Mohairplüsch, Wollfilz oder Pappmaché gesetzt. Jedes Teil wird per Hand mit der Schere ausgeschnitten. „Dabei darf man nur mit der Spitze der Schere schneiden“, erklärt Rainer Martin, ansonsten würde das Fell vom Plüsch mit abgetrennt und das schmälerte die Qualität. Sind die Teile zusammengenäht, der Kopf gestopft und die Gelenke eingesetzt, wird dem Bär die Nase rasiert – zuerst mit einer Schere, dann mit einem Rasierapparat. Nase und Augen werden anschließend mit viel Geduld aufgestickt und angenäht.
Gut ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen ist bei Martin beschäftigt, hinzu kommen noch Aushilfskräfte wie Gerhard Heublein. Er stopft nach den alten Techniken die Teddybären mit einer speziellen Holzwolle. „1957 habe ich in der Sonni gelernt“, erzählt der Teddystopfer, er war unter anderen bei C. M. Breitung und in der PGH Spielhage beschäftigt. Nach der Wende war er mit seinem handwerklichen Geschick noch bei Haida und bei der Teddyfirma Hermann gefragt. „Wenn ich gebraucht werde, komme ich zu Teddy Martin und sorge dafür, dass die Bären einen wohl gefüllten Körper bekommen“, sagt der Rentner und setzt eine Stimme in den Teddy ein. Das wohlige Brummen lässt manche Kindheitserinnerung aufleben.
Teddy Martin setzt auf moderne Vermarktungsstrategien, wie Internet oder Verkaufssender. Regelmäßig ist Martin mit seinem Sortiment bei einem großen Privatsender auf dem Bildschirm, aber auch die jährliche DVD präsentiert den Kunden die Neuheiten aus des Hauses. Doch auch an den Nachwuchs wird gedacht. „Die Liebe zu den Teddybären muss auch an die nächsten Generationen weitergegeben werden“, sagt Rainer Martin. Was ist da besser geeignet, als dass sich Kinder in der Werkstatt ihren eigenen Bären basteln dürfen und auch noch die Geburtsurkunde ihres Teddys mit nach Hause bekommen? „Das selbst Geschaffene stärkt das Selbstvertrauen und lässt die Kinder ihren neuen Knuddelbären mit ganz anderen Augen sehen“, so der Bärenvater.
Derzeit arbeitet Rainer Martin am Ausbau seines Teddymuseums. Die erste Etage wurde bereits im vergangenen Mai eröffnet. Über 30 000 Teddybären haben hier ihr Zuhause. Im Schaufenster ist der größte Teddy der Welt zu sehen, der es ins Guinness Buch der Rekorde schaffte. Im Hause gibt es auch den kleinsten Teddy der Welt: so groß wie ein Stecknadelkopf.